Mein Geheimtipp: Ein Koloss aus Stahl im Erlebnisbergwerk Sondershausen

- Bis Ende der 1960er-Jahre bohrte sich diese Vortriebsmaschine mit drei Meter Durchmesser in das Salzgestein unter Sondershausen, um die Lagerstätte zu erkunden. Der Vorläufer moderner Tunnelmaschinen ist heute im Museum des Erlebnisbergwerkes zu sehen.
- hochgeladen von Sibylle Klepzig
Serie „Mein Geheimtipp“: Besucherführer Günter Scherzberg schwärmt im Kalibergwerk Sondershausen für eine gefräßige Maschine
700 Meter unter der Stadt Sondershausen lässt Günter Scherzberg seine Gedanken in die Ferne schweifen. Der Bergmann erzählt von Tunnelmaschinen, die den Meeresboden am Ärmelkanal oder das Zentrum Leipzigs unterqueren. Dabei fixieren seine Augen nicht etwa ein nobles Hightech-Gerät, sondern einen rostigen Koloss. „Das ist der Vorläufer solch moderner Tunneltechnik“, stellt der 57-Jährige klar. In seiner Stimme schwingt ein wenig Pathos. Die Streckenvortriebsmaschine VN 3000 ist sein Lieblingsstück im Museumsteil des Erlebnisbergwerkes „Glückauf“ Sondershausen. „Sie wurde um 1950 von der Firma Schmidt, Kranz & Co. in Nordhausen gebaut und war das Modernste, was man damals zur Erkundung der Kali-Lagerstätte bekommen konnte.“ Drei Meter Durchmesser hat das Schnittmuster, das quasi als Arbeitsprobe im Salzgestein verewigt wurde.
Lärm, Staub und Hitze - ein harter Job
Günter Scherzberg kennt sich aus. Er hat vor 40 Jahren in diesem Kali-Schacht Bergmann gelernt, bediente Großgeräte und Beraubemaschinen. Heute fährt er Besucher durch einen kleinen Teil des weitverzweigten Streckennetzes unter Tage. Den Männern, die einst in der Vortriebsmaschine saßen, zollt er größten Respekt. „Das war der härteste Job, den es im Bergbau gab.“ Am rotierenden Fräskopf lagen die Temperaturen weit über 30 Grad. Die Luft war dick vom Staub und der Lärm ohrenbetäubend, wenn die mächtigen Hydraulikpressen die Maschine in das Salzgestein vortrieben. Sechs bis acht Liter Flüssigkeit musste ein Bergmann am Arbeitstag trinken. Die Maschine biss sich die Zähne stumpf. „Täglich mussten die Bohrmeißel wegen des enormen Verschleißes erneuert werden. Der Kumpel kletterte dann ganz nach vorn, um sie zu wechseln“, berichtet Günter Scherzberg aus vergangener Zeit.
Ende der 1960er-Jahre hat der Koloss ausgedient
Pro Schicht fraß sich das Ungetüm rund 10 Meter in den Berg. Schon Ende der 60er-Jahre allerdings – als die Großgerätetechnik Einzug hielt – hatte es ausgedient. Ein Loch von drei Meter Durchmesser genügte nicht mehr. Die neue Gerätegeneration ging wesentlich großflächiger ans Werk, ermöglichte den Abbau bis neun Meter Breite und 10 Meter Höhe.
Wer rastet, der rostet. Das mag sein. Aber neben der ausrangierten Bohr-, Spreng- und Ladetechnik macht die Vortriebsmaschine – von der es in ihrer aktiven Zeit noch eine zweite in Sondershausen gab – durchaus eine gute Figur. Günter Scherzberg rät, sich seinen Geheimtipp einmal genauer anzuschauen. „Zumal“, so ergänzt der Bergmann, „die Firma Schmidt, Kranz & Co. seit einem Jahr der Eigentümer des Sondershäuser Bergwerkes ist.“ So schließt sich der Kreis.
Hintergrund
Das Bergwerk „Glückauf“ Sondershausen ist die älteste noch befahrbare Kaligrube der Welt. Noch heute wird von der Betreibergesellschaft GSES Steinsalz gefördert.
Im Erlebnisbergwerk EBBG werden täglich, außer montags, in 700 Meter Tiefe Führungen angeboten. Informiert wird über die Arbeit der Bergleute von damals und heute. Hier befinden sich der tiefste Konzertsaal der Welt, ein Solesee mit echten Spreewaldkähnen. die tiefste Salzrutsche, die tiefste Kegelbahn und
Autor:Sibylle Klepzig aus Nordhausen |
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